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FALLEN

Ein vielschichtiger Roman, der seine Vorbilder im magischen Realismus sucht und einen eigenständigen Weg geht.

Sophie Weilandt, Zeit im Bild (ORF)

Fallen: Meine Arbeit

Hauke Harder auf Leseschatz.com:

Irgendwie fällt es schwer, das Buch in Worte zu fassen. Ein Roman, der viele Grenzen ausdehnt und überschreitet. Der Inhalt ist magischer Realismus. Es ist ein schönes, wirres und verzauberndes Werk. Beim Lesen hat man stets das Gefühl, man wandle durch ein modernes Gemälde von Hieronymus Bosch. Paul Auer versteht es, den Leser sofort gefangen zu nehmen und ihn auf eine Reise durch Mythen, Märchen, Sagen und Wahrnehmungen zu treiben. Man hadert, wird verstört und doch groß belohnt. Immer wieder beobachtet man sich, wenn man das Lesen beendet hat, wie man die Bilder, Passagen oder Textzeilen erneut heraufbeschwört und durchdenkt.

Es beginnt mit dem Lichtträger, mit einem zentralen Motiv des christlichen Weltbildes, dem Höllensturz, beziehungsweise dem Engelsturz. Dieses Fallen ist nicht nur der Titel, sondern auch eines der Hauptmotive. Es geht um das Schicksal des oder eines Gefallenen. Es ist Christian, in dessen jungen Leben immer merkwürdigere Dinge passieren. Seine Realität vermischt sich mit Traum- und Mythenbildern. Seine Nachbarin, die beständig Goa-Trance-Musik hört, hat rote Augen. Zwei geheimnisvolle Flüchtlinge tauchen auf. Er träumt von der Fortführung der Geschichte Jesus in der Gegenwart.  Es gibt eine alte Sage um den Teufel, die seine Familie irgendwie berührt. Eigentlich hatte sich Christian bisher mit seinem leicht melancholischen Leben arrangiert. Doch nun wirken sich fremde, tote und mystische Lebenskrisen auf sein Leben aus. Alles beginnt zu zerfließen.  Sein Wunsch nach Idylle, Familie und Liebe steht dem Bösen gegenüber. Das Böse wächst und braucht immer mehr. Es wird nie satt… Als dann auch noch ein ominöses Foto auftaucht und sich die, im wahrsten Sinne des Wortes, roten Kreise um seine Wahrnehmung drehen, muss er seinen Mut zusammennehmen, um herauszufinden, was das alles mit ihm zu tun hat und eine skurrile Reise beginnt.

Ein Roman, der vieles heraufbeschwört und irgendwie verzaubert. Der Verstand und die Emotionen werden gedehnt, provoziert und gereizt. Alles auf irre und schönste Weise.

Andreas Peterjan für "Die Brücke"

Ein Luzifer, der Hader und Kampf leid ist, und sich stattdessen den Frieden herbeisehnt, um endlich in einer bürgerlichen Familie sein Glück zu finden. Ein Jesus, der sich mit Schauder von der Stilisierung seines Namens abwendet und seine Gefolgschaft als Verfolger ansieht. Ein krisengebeutelter Student in Wien, der sich nicht nur (buchstäblich) mit seinem inneren Dämon herumschlagen muss, sondern dessen Clique auch einem Skandal auf der Spur zu sein scheint, der um rätselhafte Fotoaufnahmen von Flüchtlingstransporten kreist. Darüber schwebt die alte Legende eines Bergdorfes, das im Austausch für wirtschaftlichen Aufschwung alle zehn Jahre ein Kind als Opfer darbringt ... Genug Stoff für fünf Romane? Der in Wien lebende Kärntner Autor Paul Auer macht daraus einen einzigen - und jongliert mit verschiedenen Zeitebenen, Erzählsträngen, Perspektiven und Stilen. Rückblicke in die Familiengeschichte des Protagonisten prägen den neuen Roman FALLEN ebenso, wie Ausritte in phantastische Gefilde. In diesem mystisch anmutenden Mix gelingt Auer ein literarisch höchst anspruchsvoller Trapezakt, in dem die Figuren ständig ins Straucheln geraten, stolpern und abstürzen - während der Autor souverän die Balance wahrt. Eine raffinierte Schwebe, in der vor allem die Leserinnen und Leser gut aufgehoben sind. Alles im Lot, sozusagen.

Peter Pisa für den "Kurier"

„Hurra, das ist kein Spaß!“, war im KURIER zu lesen, als Paul Auer - Foto oben - für „Kärntner Ecke Ring“ eine öffentliche Toilette zur Begegnungszone machte. Ganz schön gefährliches Terrain für den allerersten Roman.

Grenzenlos

Es wiegt auch in „Fallen“ schwer, wie er schreibt und worüber. Ist ja eine Last, wenn jemand Antwort sucht, wer er ist und wo das Paradies liegt. Es könnte dort sein, wo es Kaffee mit Kardamom gibt. Und Band 1 von Walt Disneys Lustigen Taschenbüchern. Doch nicht? „Alle Grenzen“, so der Kärntner, „zwischen den widersprüchlichen Einflüssen auf die Wirklichkeit eines Menschen sollten verschwinden. Erträumtes, Erinnertes, Erdachtes und Erlebtes stehen gleichberechtigt nebeneinander.“

Auer lässt viel Platz für Assoziationen. Wenn schon ein Roman, dann einer, mit dem der Leser ringt – wie die Hauptperson, die mit Jesus, dem Teufel, der Nachbarin, der Liebe ringt. Verwirrend, verstörend, zum Erarbeiten wie das Leben selbst.

Gelassen nimmt der junge Protagonist Christian Rieder in "Fallen" anfangs noch eine Einladung zum Kaffee bei seiner neuen Nachbarin Judit an, gegen Ende des Romans wird er mit Nacktschnecken-Menschen zu tun haben, seinem Großvater eine geheimnisvolle Karte entwenden wollen und erneut auf seinen besten Freund treffen, der bereits seit einiger Zeit verstorben ist. Christian Rieders Leben ist von Schicksalsschlägen geprägt, seinen Vater verlor er als Jugendlicher, seine Großeltern kommen über den Verlust nicht hinweg, sein bester Freund nimmt sich auf einer waghalsigen Motorradfahrt das Leben, sein Studium kommt weder in die Gänge noch erscheint es dem jungen Mittzwanziger sinnvoll. Er träumt von einer eigenen außergewöhnlichen Reportage, erzählt von einem erfundenen Praktikum, arbeitet in Wirklichkeit jedoch in einem Callcenter. Die Beziehung mit seiner Freundin ging in die Brüche. Mit Leichtigkeit könnte man nun die Litanei über die unglücklichen Begebenheiten in Christian Rieders Leben fortsetzen. Seiner eigenen Zukunft sieht er verständlicherweise wenig hoffnungsvoll entgegen: "Wie jemals vom Call-Center wegkommen, wieder in die Spur finden, die anderswohin führt als zur Sozialhilfe, zum Herzinfarkt?"

Doch bald wird die Tristesse zur Randerscheinung, denn rätselhafte Begebenheiten treten in den Vordergrund. Was hat es mit der Nachbarin auf sich, deren Augen mitunter leuchtend rot strahlen? Wird tatsächlich ein alter dürrer Mann in der Nachbarswohnung von Christians Freund Stefan festgehalten? Welche Rolle spielt ein Foto, auf dem der Nachbar mit Flüchtlingen abgebildet ist? Kann der einst legendäre Investigativjournalist Tibor Jablovnik beim Aufdecken des Falls behilflich sein? Liegt ein mit der geheimnisvollen Landkarte verbundener Fluch auf der Familie des Protagonisten? Muss er sich für die Menschheit opfern?

Perspektiven- und Szenenwechsel in halsbrecherischem Tempo

Der 1980 in Kärnten geborene Autor zieht in seinem zweiten Roman bereits auf den ersten Seiten in puncto Spannung sämtliche Register. Nach einigen kurzen Kapiteln kreuzen sich die Handlungsstränge, die Grenzen zwischen Realität und Traum, Erinnerung und Gegenwart, Wunsch und Dystopie verschwimmen zusehends. Zudem vervielfältigen sich die Perspektiven, wenn anfangs noch primär aus Christians Perspektive erzählt wird, wandelt sich der Text rasch zu einem multiperspektivischen Mosaik. Christians Großeltern kommen etwa zu Wort und wenden sich direkt an die LeserInnen: "Meine Version gefällig? Also gut. Ich bin die Großmutter. Man nennt mich Oma. Sie kennen mich von der Bettbank. Es heißt, ich säße meistens da und stricke. Ich habe das nicht immer gemacht." Eine Besonderheit des Romans liegt somit in seiner Unmittelbarkeit, kontinuierlich schimmern die Gedanken der jeweiligen Ich-ProtagonistInnen durch: "Im Flur ist die Musik noch lauter. Grasgeruch entströmt allen Ritzen der Judit-Wohnung. Dabei ist die Frau mindestens vierzig … Dass sich aus dem Haus noch niemand beschwert hat. Feiglinge, elendige. Ich klopfe an die Milchglasscheibe des Gangfensters. Der Frau das Du anzubieten war ein Kardinalfehler. Alles wird kompliziert durch ein Du." Auer hat eine Vorliebe für rasche Szenenwechsel und Schnitte. Zwangsläufig gilt es somit unterschiedliche Settings darzustellen, die Beschreibungen gleichen dabei den Regieanweisungen für ein Bühnenbild: "Mama hat die Jalousien raufgezogen. Bett, Kasten, Schreibtisch, Bücherregal, die kleine Couch, meine E-Gitarre werden wieder sichtbar. Bob Dylan, Bob Marley und Buddha blicken auf mich herunter." (Vgl. Leseprobe) Gekonnt skizziert der Autor prototypische Szenarien vom verstaubten Jugendzimmer über die Studenten-WG und das typische Wiener Beisl bis hin zur von unheimlichen Kreaturen beherrschten Unterwelt.

"Fallen" ist ein ambitionierteres Romanprojekt, auf 240 Seiten und in 53 Kapiteln legt Auer nicht nur ein rasantes Tempo an den Tag, sondern spielt mit Stoffen, Perspektiven und Sprachvarietäten – und dehnt damit die Grenzen des Erzählens. Auer zaudert nicht, teilweise in charmantem österreichischem Deutsch erzählt, entwickelt er eine haarsträubende Geschichte über die Allmacht der Phantasie, individuelle Wünsche und Ängste. Damit gerät der Roman zu einem bizarren Verwirrspiel.

Walter Pobaschnig auf literaturoutdoors.com

Da ist das Aufwachen. Das Gewitter im Kopf. Die Gedanken über Tag, Leben und Auswege. Blitze im Kopf zwischen Kloster und Kugel. Religion und Rasierklinge – „Zittern, beben und heulen…“.

Dann das Alltägliche. Anziehen, Küche, sehen nach den Mitbewohnern. Da ist das Buch – „Eumeswil“. Das Geburtstagsgeschenk.Worte und Verschwinden. Neue Welten. Wiederkehr oder Auferstehung – „Derlei Aufopferung ging an die Substanz, emotional, intellektuell, körperlich…Den Tod wünschte er sich zurück…jedenfalls keine Kompromisse mehr…“.

Das Leben draußen vor der Tür. Außerhalb des Kopfes und der Gedankenflüge. Judit, die neue Nachbarin. Ihre Wege und Träume…

Und die Wolken. Die Sonne, die Wasser, die Früchte und die Flügel. Die Farben – „Da war Lachen und Freude und Spiel…schwiegen wir, so träumten wir, und sprachen wir, so träumten wir…“.

Aber die Farben ändern sich. Schnell und unerbittlich. Bild und Rahmen. Es verschwimmt und zerbricht…alles wird jetzt anders für Christian, Stefan, Tommy…

Der österreichische Autor Paul Auer, der bereits mit seinem Debütroman „Kärntner Ecke Ring“ (2017) begeisterte,legt mit „Fallen“ eine fulminante Reise zu innerster Lebenswahrnehmung und -erfahrung vor, die in Erzählspannung wie ihrem weiten Spektrum von pointierten Denkräumen begeistert. Es geht um den Menschen und seine Lebenskraft von morgens bis abends. Dabei begegnet so viel im Innen und Außen an Sinn und Traum. Und die Grenzen verschwimmen dabei. Wenn es um den Menschen der Gegenwart geht, darf es keine Tabus geben. Dazu braucht es Sprachexperimente und Paul Auer setzt dieses fulminant. Der Autor öffnet im literarischen Kunstgriff Fundamente abendländischen Denkens in den Bewährungsproben und existentiellen Dramen des Alltagslebens von Anforderung und Bedürfnis.

Ein Roman, der Sinn und (Alb)Traum unvergleichlich in Sprache zu verzaubern weiß.

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Präsentation von "Fallen" im Literaturhaus Wien

Fallen: Bild
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